Digital detox für mehr Effektivität
Digitalisierung, Fluch oder Segen?
Ende Mai nahm ich an einer Veranstaltung des Forums Kirche und Wirtschaft zum Thema «Und was, wenn das Internet Gott wäre?« in Kappel am Albis teil. Dass die Digitalisierung dabei ist, unsere Gefühls-, Lebens- und Arbeitswelt radikal zu verändern, war mir vor dem Abend schon bewusst. Die spannende Debatte rund um Fluch oder Segen des Internets hat mich zum Nachdenken angeregt: Bezahle ich meine Bequemlichkeit mit meiner Freiheit? Und was gewinne ich mit bewussten Digital detox Phasen?
Digitale Transformation
Als offener, positiver Mensch sehe ich in der digitalen Technologie als erstes Fortschritt, neue Möglichkeiten und Lebenserleichterung. So konnte ich dem Votum von Joël Luc Cachelin einiges abgewinnen, als er die rhetorische Frage stellte, ob die digitale Technologie nicht auch ein Schutzengel sei, der dank ausgeklügelter Algorithmen und umfangreicher Nutzerdaten Zeichen des Unheils frühzeitig errechnen könne, lange bevor es der Mensch selber erkennt?
Bequemlichkeit versus Freiheit
Dieses Wissen hat Auswirkungen auf die Freiheit unserer Gedanken und unseres Verhaltens. Seele meinte, früher habe der Mensch sein Verhalten angepasst, weil er glaubte, Gott sehe alles. Heute passten wir unser Verhalten ob der ständigen Überwachung an und schränkten uns damit auch ein. Sehr einleuchtend fand ich das Beispiel mit dem «Taxi». Früher bin ich einfach zum Taxistand gegangen, habe mein Ziel genannt und am Ende der Fahrt bar bezahlt. Meine Fahrt blieb «anonym». Heute bestelle ich mir ein Taxi via Uber. Wunderbar einfach, bequem und meist günstiger als ein herkömmliches Taxi. Alles wunderbar … oder? Uber wertet sämtliche Daten aus. Die Algorithmen, die bei Uber hinterlegt sind, berechnen den Fahrpreis anhand der Nachfrage und des Akkustandes. Ist die Nachfrage hoch oder der Akku des Smartphones bald leer, steigen die Preise. Kürzlich habe ich gelesen, dass Uber sogar Rückschlüsse auf den Alkoholkonsum der Gäste ziehen kann – Taxi Bestellung, wenn die eigene Fahrtüchtigkeit eingeschränkt ist.
Mit der Preisgabe unserer Nutzerdaten erkaufen wir uns ein bequemeres Leben, machen uns aber auch anfällig für Manipulationen. Somit stehen wir immer wieder vor der Frage: Bequemlichkeit oder Freiheit? Wenn ich erfahre, dass teilweise Kollegen und Kolleginnen, die sich berufsmässig mit künstlicher Intelligenz befassen, vom Smartphone verabschieden, keine Social Medias nutzen, nicht auf WhatsApp sind etc. stimmt mich dies zusätzlich skeptisch. Hier schliessen sich gleich neue Fragen an, wie ist unser eigener Umgang mit digitalen Medien und wieviel Zeit verbringen wir im Netz? Wie ist meine Einstellung zu Digital detox resp. halte ich dies überhaupt aus?
Mehr Fokus statt Ablenkung
88 Mal am Tag nehmen wir im Schnitt unser Mobiltelefon in die Hand. Alle 18 Minuten schauen wir drauf und in der Hälfte der Fälle folgt dann eine Aktion. Nach jeder dieser Unterbrechungen brauchen wir etwa eine Viertelstunde, um unsere Konzentration wiederherzustellen. Laut Psychologen werden wir unproduktiver, je öfter wir aufs Smartphone schauen.
Wir alle sind aufgefordert, unser Zusammenleben, unsere Arbeitswelt und den eigenen, persönlichen Mikrokosmos bewusst zu gestalten. Wieweit wollen wir die technologischen Möglichkeiten nutzen, um unseren Alltag zu vereinfachen? Und wo überwiegt der Verlust an Lebensqualität unseren Effizienzgewinn? Je digitaler wir unterwegs sind, desto wertvoller werden analoge Begegnungen mit berührenden Gesprächen.
Tipps für Digital Detox
Persönlich versuche ich immer wieder «digital detox» in meinen Alltag einfliessen zu lassen …
- Die erste Stunde nach dem Aufwachen kein Smartphone und keine Emails, sondern bewusst in den Tag starten.
- Eine handgeschriebene Karte anstelle von Emails oder WhatsApp senden.
- Zum Hörer greifen anstelle von Email senden.
- Spaziergänge in der Natur und Smartphone zu Hause lassen.
- Immer wieder Mikropausen über den Tag verteilt … nichts tun, nur atmen und aus dem Fenster schauen.
- Zug fahren und einfach nichts tun … sprich kein Smartphone.
- Nicht alles mit Karte bezahlen, sondern mit Bargeld.
… und übe weiter.
Herzlich, Imelda