Die Qualität unseres Wohlbefindens hängt davon ab, wie gut wir uns selbst kennen und wie wohl wir uns mit diesem Wissen fühlen. Wie fühlen Sie sich gerade jetzt in diesem Moment? Woran merken Sie, wie es Ihnen gerade geht? Wenn wir nicht wirklich in unserem Körper sind (präsent im Jetzt sind), verlieren wir uns in der Zukunft oder Vergangenheit und sind ständig am Denken, Denken, Denken. Unsere Sucht besteht darin, dass wir uns ständig Gedanken machen und auf der Suche nach Unterhaltung, Ablenkung sind – z.B. was gibt es Neues auf meinem Social Media Account. Dabei passieren zwei Dinge: Entweder mag ich die Information und eine kleine Prise Dopamin wird im Gehirn freigesetzt, so dass es sich nach Freude, Zufriedenheit, Genuss anfühlt. Oder ich bin enttäuscht und verfalle in eine kleine Mini-Depression. In einer digitalen Welt haben wir unendlich viele Ablenkungen. Wir sind so gefangen im Digitalen, dass wir teilweise das Interesse an analogen Erfahrungen verlieren. Beobachten Sie einmal im Zug wie viele Menschen sich miteinander unterhalten und wie viele sich mit ihrem Smart Phone beschäftigen. Auf der anderen Seite steigt aber das Bedürfnis nach Menschlichkeit, Beständigkeit, und nach Verbundenheit mit Menschen statt mit Technologie. Eine Überforderung im Umgang mit der Geschwindigkeit und Komplexität macht sich breit. Der Sehnsucht nach Entschleunigung kann nur mittels Leben im Hier und Jetzt Rechnung getragen werden. Mittels Achtsamkeit können wir lernen in einer überfüllten, überreizten, überkomplexen Welt auf neue Weise uns auf uns selbst zu besinnen, mit uns selbst in Beziehung zu sein.

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Im Rahmen meiner Ausbildung „Mindfulness in Organisationen“ am Mindfulness Leadership Institut in Salzburg hatte ich die einmalige Gelegenheit einem 5-tägigen Retreat mit Jon Kabat-Zinn beizuwohnen. Als Begründer des MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) ist er eine Koriphäe auf dem Gebiet der Achtsamkeit. Die eigene Erfahrung der Achtsamkeitspraxis hat mir aufgezeigt, dass wir über unglaubliche Ressourcen verfügen, aber oft keinen Zugang dazu haben, da wir uns diesen zu wenig bewusst sind. Wenn ich in Beziehung mit mir selber bin, im Hier und Jetzt präsent bin, kann ich mit viel weniger Anstrengung viel mehr bewirken.

 

In Beziehung mit sich zu sein erfordert eine Innenschau – einen klaren Blick in die eigene Innenwelt. Welche negativen Gedanken und Handlungsmuster hindern mich daran, mein Potenzial zu nutzen und voll und ganz im Jetzt zu leben? Welche Überzeugungen und Ängste stehen mir im Wege? Wir sind Homo sapiens sapiens – eine Spezies, die weiss und weiss, dass sie weiss. Dabei geht es nicht nur um das Denken als solches, sondern um ein tieferes Verständnis von Wissen. Wissen im Sinne von Gewahrsein (awareness). Man weiss um Dinge und Zusammenhänge. Das Denken hat sich jedoch stark in eine kognitive Richtung entwickelt. Manchmal wissen wir kognitiv etwas, aber emotional sind wir nicht genügend entwickelt, um uns von bestimmten Reaktionen zurückzuhalten. Wir sind aber emotionale Wesen und können unser volles Potenzial nur über die Dualität entfalten, indem wir uns mit Herz und Verstand einlassen.

 

Freud und Leid gehören zum Leben – ein Spruch, den wir alle bestens kennen und auch verstehen. Aber leben wir auch danach, haben wir ihn integriert? Sind wir nicht eher mit der Haltung unterwegs, die Freude nehme ich gerne an und sie soll möglichst dableiben, aber das Leid soll bitte fernbleiben? Einerseits sind es unsere eigenen, subjektiven Bewertungen, die unsere Erlebnisse in gut oder schlecht kategorisieren. Andererseits existiert das Eine nur durch das Andere – es geht um Dualität. Was passiert, wenn wir eine schwierige, herausfordernde Situation nicht als Problem, sondern als Möglichkeit zum Lernen betrachten? Als eine Chance zum Wachsen, um sich weiterzuentwickeln? Was wäre, wenn wir eine Situation, so wie sie jetzt gerade ist, einfach mal annehmen und akzeptieren, wenn wir etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit negativen Emotionen entwickeln? Ja sagen zum momentanen Ärger, aber daraus keinen Dauerzustand machen, nicht im „Leiden“ steckenbleiben? Was ist, darf sein und was sein darf, kann sich verändern (Werner Bock). Oder anders gesagt, solange ich mich gegen etwas wehre, kann ich es nicht transformieren.

 

Unser (Arbeits-)Leben dreht sich ständig um Beziehungen. Wir sind in Beziehung mit uns, unserer Familie, unseren Freunden, unseren Arbeitskollegen, unseren Vorgesetzten, unseren Kunden. Wenn wir miteinander kommunizieren, findet ein Informations- und Energieaustausch statt. Je nachdem wie wir unsere Interaktion mit dem Gegenüber bewerten (Denkprozess) und wahrnehmen (Emotion, Körperreaktion), fühlen wir uns mehr oder weniger gesehen, verstanden und verbunden. Wenn es uns gelingt die Interaktion zu einem sinnvollen, grösseren Ganzen zu formen und in unsere Innenwelt zu integrieren, fühlen wir uns wohl, integriert, zentriert. Je offener wir grundsätzlich für neue Impulse, Meinungen, Sichtweisen sind und diese mit unseren eigenen Werten (unserem Kern) in Verbindung bringen, desto grösser wird unsere Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Energie.

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In Beziehungen geht es somit in erster Linie um Verbundenheit. Dies erfordert eine achtsame, empathische Kommunikation zwischen Menschen, die ihre Unterschiedlichkeit schätzen und sich miteinander verbinden, um ein „Wir“ zu bilden. Der Mensch ist darauf angelegt, zu einem „Wir“ zu werden. Wir finden mehr Erfüllung, wenn wir uns auf sinnvolle Weise miteinander verbinden. Wenn wir unseren Geist darauf ausrichten, einander mit Offenheit, Selbstbeobachtung und Objektivität zu begegnen, stimulieren wir unser Gehirn in Richtung Integration, Toleranz, Verbundenheit. Je grösser unser Toleranzfenster, desto mehr Spannkraft und Elastizität erleben wir. Es fühlt sich alles viel leichter und energetischer an. Eine Win-Win-Situation für alle – mehr Lebensqualität, mehr Gesundheit, mehr Innovation, mehr Effektivität.